Bierglas auf einem Bierdeckel mit der Aufschrift "Kein Bier für Rassisten!"

Kein Bier für Rassisten

„Kein Bier für Rassisten“ – unter diesem Motto wurden im Jahr 2015 eine Million Bierdeckel an Kneipen, Bars und Restaurants im gesamten Dortmunder Stadtgebiet verteilt. Das Erstarken rechtsextremer Parteien und Meinungen in Politik und Gesellschaft hat uns dazu veranlasst, die Aktion wieder aufleben zu lassen, um ein starkes Signal gegen rassistische Parolen und Hetze zu senden.

Überall dort, wo Fußball außerhalb des Stadions am intensivsten erlebt wird, aber auch überall dort, wo häufig leidenschaftlich diskutiert wird, vertritt die BVB Fan- und Förderabteilung mit dieser Aktion auch in der zweiten Auflage eine klare Haltung für eine offene, tolerante Gesellschaft.

Die Dortmunder Kneipen- und Bierkultur ist weltbekannt – nicht umsonst wird die Heimat des BVB auch als „Bierhauptstadt“ bezeichnet. Zudem trägt der B.V. Borussia 09 e.V. Dortmund den Namen einer zur Zeit der Gründung sehr bekannten Dortmunder Brauerei. Die Gäste der Dortmunder Lokalitäten bekommen ihre Getränke gemeinsam mit einer eindeutigen Botschaft serviert: „Kein Bier für Rassisten – Fußball. Bier. Weltoffenheit.“

Borussia, Pils – und Nazis? Das passt nicht! Hier setzt die Initiative der BVB Fan- und Förderabteilung an.

Neben der Symbolik des Bierdeckels liefert die BVB Fan- und Förderabteilung auch inhaltliche Argumente gegen jene rassistischen, oft pauschalisierenden Stammtischparolen, die leider allzu häufig in der Öffentlichkeit zu hören sind. Unsere Website zeigt harte Fakten gegen stumpfe Behauptungen auf: Über einen QR-Code auf dem Deckel könnt Ihr direkt vor Ort eine ganze Liste an stichhaltigen Argumenten gegen diskriminierende Unterstellungen aufrufen.

BVB-Präsident Dr. Reinhold Lunow sagt dazu: „In einer Zeit, in der diskriminierende Äußerungen immer salonfähiger werden, sind wir als BVB-Familie dazu aufgerufen, uns ganz klar gegen rassistische Parolen zu positionieren. Ich bin stolz darauf, dass die Fan- und Förderabteilung mit der Wiederauflage ihrer Aktion erneut ein starkes Zeichen für ein buntes und tolerantes Miteinander setzt – Werte, die uns Borussen verbinden.“

„Die Ergebnisse der zurückliegenden Wahlen und die damit einhergehende Gefährdung der Demokratie machen uns als Fan- und Förderabteilung große Sorgen. Eine offene und tolerante Gesellschaft ist die Grundlage unseres Vereins- und Zusammenlebens. Wir wollen ein Zeichen dafür setzen, dass eine menschenverachtende Weltanschauung nicht zu Borussia Dortmund passt“, sagt Tobias Westerfellhaus, Vorstandsmitglied der Fanabteilung.

Stammtischparolen

Wer kennt sie nicht: platte, teils aggressive Behauptungen, hinter denen sich viel zu oft rassistische oder diskriminierende Botschaften verstecken. Stammtischparolen leben von groben Verallgemeinerungen und ihrem uneingeschränkten Wahrheitsanspruch. Anstelle von Logik und Argumenten bemühen sie Eindimensionalität und Vorurteile. Anstatt eine Diskussion anzuregen, werden stumpfe Behauptungen aneinandergereiht.

Was Stammtischparolen dabei so gefährlich macht, ist, dass sie selten wirklich bemerkt und aufgegriffen werden. Viel zu häufig hören wir weg, wollen nicht wahrhaben oder denken erst hinterher darüber nach, was uns da zu Ohren gekommen ist. Wir alle sind aufgefordert, diskriminierenden Äußerungen zu widersprechen, anstatt sie einfach im Raum stehen zu lassen. Unsere Argumentationshilfen unterstützen euch dabei.

Deshalb: Hört hin! Hinterfragt!

In politischen Programmen, Reden und Debatten werden rechte Positionen immer lauter, Wahlergebnisse für rechte Parteien schnellen nach oben und die Grenze des „Sagbaren“ verschiebt sich. Rufe nach vermehrten Abschiebungen werden präsenter, denn allzu oft werden Migrant*innen unter Generalverdacht gestellt. Diese Politik der generellen Feindschaft gegen Migration pauschalisiert, befördert zutiefst irrationale Emotionen und schürt ein Klima der Angst. Menschen werden aufgrund ihrer Herkunft, Religion oder Sexualität marginalisiert. Dem treten wir entgegen: Mit unserer aktualisierten Aktion „Kein Bier für Rassisten“ möchten wir erneut aufklären, Ängste nehmen und dazu beitragen, dass auch BVB-Fans für eine solidarische Gesellschaft eintreten, in der sich Menschen unterstützen, statt sich zu bekämpfen.

Für einige der häufigsten Stammtischparolen findet Ihr deshalb hier Fakten und Argumentationshilfen. 

Fußball findet nicht im luftleeren Raum statt, sondern ist Bestandteil unserer Gesellschaft. Politische Entscheidungen, die die gesamte Gesellschaft betreffen, wirken bis in den Fußball hinein und umgekehrt prägt der Fußball unsere Gesellschaft.

Ein zentrales Element unseres Lieblingssports ist seine integrative Kraft. Egal wo Menschen herkommen, egal was sie verdienen, egal wen sie lieben; Wenn man einen Ball in ihre Mitte wirft, braucht es keine Worte und keine gemeinsame Sprache, dann zählt nur das Spielgerät und der Wunsch, es im gegnerischen Tor unterzubringen. Wenn gesellschaftliche Debatten nun vermehrt darum kreisen, bestimmte Gruppen von Menschen an den Rand zu drängen oder sie gar auszuschließen, dann droht auch dem Fußball der Verlust dessen, was ihn so stark und anziehend macht.

Auch aus diesem Grund verweist die Satzung unseres Ballspielvereins auf die zentrale Aufgabe des „Sports als verbindendes Element zwischen Nationalitäten, Kulturen, Religionen und sozialen Schichten. Er bietet Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen unabhängig von Geschlecht, Hautfarbe, Herkunft, Glauben, sozialer Stellung oder sexueller Identität eine sportliche Heimat.“ (§2 Abs. 3 Vereinssatzung BV. Borussia 09 e.V. Dortmund.)

Fakt ist, dass wir selbst in den neunzig Minuten, die unserem Klub gehören, in der Realität stehen – so sehr wir uns vielleicht auch manchmal eine Auszeit davon wünschen.

Das darf man! Die Meinungsfreiheit ist in diesem Land ein hohes, verfassungsgemäß geschütztes Gut. Zum Glück; denn ohne widerstreitende Meinungen könnte es in einer Demokratie keinen Fortschritt geben. Die Gesellschaft lebt vom Streit um das bessere Argument, ganz egal ob es um die taktische Marschrichtung der Borussia geht oder um die beste Lösung für politische Fragen. In der öffentlichen Debatte um politische Fragen findet jede Meinung Gehör, egal ob es um die Besetzung von Talkrunden geht, ob man sich die Zeitungslandschaft ansieht oder man eher derbe oder „politisch korrekte“ Comedy bevorzugt. Dass dabei auch die der eigenen Anschauung widersprechende Meinung Raum beansprucht, ist anstrengend und führt uns aus der Komfortzone unserer jeweiligen Blasen. Aber: Nur wer die Argumente der Gegenseite kennt, kann sich bemühen, sie mit Sachlichkeit zu widerlegen. Die Meinungsfreiheit endet lediglich an dem Punkt, wo sie das allerwichtigste Gut unseres Grundgesetzes verletzt, nämlich bei der Würde des Menschen. Ab da ist die Meinungsfreiheit durch Gesetze eingeschränkt. So sind Beleidigungen zum Beispiel nicht durch das Recht auf freie Meinungsäußerung abgedeckt. Auch offensichtliche Unwahrheiten wie die Leugnung der Shoah oder das Verbreiten von Fake News sind nicht durch die Meinungsfreiheit abgedeckt. Wer anderen durch Äußerungen oder Handlungen die menschliche Würde abspricht, kann sich nicht länger darauf berufen, alles sagen zu dürfen. Bis zu diesem Punkt sind alle Menschen in diesem Land, egal ob liberal, links oder konservativ, schlicht zu Toleranz aufgerufen. Toleranz ist Ablehnung, die auf dem Respekt vor der Würde des Gegenübers basiert. Wenn wir uns darauf einigen können, können wir uns in der Sache wunderbar über alles streiten und danach ein Pilsken zusammen trinken.

Und dann folgen die üblichen Klischees. Entweder sind dann alle Ausländer*innen arbeitslos und liegen uns auf der Tasche oder sie nehmen uns die Arbeitsplätze weg. Ausländer*innen seien alle Kriminelle und würden sich nicht integrieren wollen. Hier ist das Problematische an solchen Aussagen auch schon zu sehen: Der Widerspruch zwischen „die nehmen uns die Arbeitsplätze weg“ und „die sind alle faul und arbeiten nicht“ zeigt, dass dies keine ehrlichen Sorgen sind, sondern eine bestimmte gesellschaftliche Gruppe zum Sündenbock gemacht wird. Solche Klischees sind nicht nur unwahr, sondern auch pauschalisierend und, weil sie sich nur auf Ausländer*innen beziehen, auch rassistisch. Ähnlich verhält es sich mit dem Satz „Ich bin ja kein Nazi, aber …“ Wenn man diesen Satz braucht, bevor man seine Meinung kundtut, lässt dies bereits tief blicken. Wenn die Gesellschaft solche Meinungen als rechtsextrem wahrnimmt, dann nicht, weil die Gesellschaft zu verweichlicht ist, sondern weil die Meinungen nach diesem Satz in der Regel nicht tragbar sind. Jede*r mit einer ernstgemeinten Meinung, einem echten Anliegen oder wirklichen Sorgen kann und sollte auf diesen Satzanfang verzichten.

Rassismus hat viele Facetten, Sprache ist eine davon. Wer Menschen mit Bezeichnungen wie „Pack“ oder anderen beleidigenden Wörtern beschreibt, wertet diese ab. Es ist schlicht menschenverachtend und rassistisch, Personen aufgrund ihrer Herkunft, ihres Aussehens, ihrer Religion oder sonst was als Pack zu bezeichnen. Auf so einer Grundlage kann und sollte keine Diskussion über solche Themen geführt werden. Wer aber an einer ernsthaften Debatte interessiert ist, sollte sich zunächst klar machen, worüber man eigentlich spricht. Wenn nicht unterschieden wird zwischen Migrant*innen und Geflüchteten, Asylbewerber*innen und Menschen mit Migrationshintergrund, kann keine sachliche Debatte entstehen.

Asylbewerber*innen sind Menschen, die in einem fremden Land um Aufnahme und Schutz vor politischer, religiöser oder geschlechtsspezifischer Verfolgung beantragen. Diese Menschen machen also von einem Menschenrecht Gebrauch, das jedem Menschen auf der Welt, ohne Wenn und Aber zusteht.

Alle Menschen, die nach Deutschland geflohen sind, werden als Geflüchtete bezeichnet. Ganz gleich, ob aus wirtschaftlicher Not, politischer, rassistischer, religiöser, geschlechtsspezifischer Verfolgung oder vor dem Krieg.

Migrant*innen sind aus unterschiedlichen Gründen in ein Land eingewandert und leben in diesem dauerhaft, vorübergehend, gelegentlich oder ausschließlich.

Spricht man von Menschen mit Migrationshintergrund, werden die hier geborenen Kinder von Migrant*innen mit einbezogen. Laut Statistischem Bundesamt sind das „alle nach 1949 auf das heutige Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Zugewanderten, sowie alle in Deutschland geborenen Ausländer und als in Deutschland als Deutsche geborene mit zumindest einem zugewanderten oder als Ausländer in Deutschland geborenen Elternteil“.

Diese Unterscheidungen sind in ernst gemeinten Debatten wichtig, weil mit den verschiedenen Begrifflichkeiten auch verschiedene Rechte und juristische Hürden einhergehen, was etwa den Eintritt in den deutschen Arbeitsmarkt oder das Einschreiben an einer deutschen Universität betrifft. Außerdem sollten wir grundsätzlich auf Verallgemeinerungen verzichten. Dieses Denken führt dazu, dass die gedachten Gräben bei manchen Menschen zwischen „denen“ und „uns“ immer tiefer werden und das harmonische Miteinander in einer Gesellschaft erschwert wird. Wer Verständnis für die verschiedenen Gründe aufbringen kann, aus denen Menschen nach Deutschland kommen oder gekommen sind, wird es leichter haben, diese Menschen zu akzeptieren und zu unterstützen. 

Wir sind mitverantwortlich für die Bedingungen, die Menschen auf die Flucht treiben. Im Übrigen: Deutschland ist nicht nur moralisch verpflichtet, Migrant*innen zu helfen, sondern ist auch aufgrund des demografischen Wandels auf Migration angewiesen. Durch die Zuwanderung und den Eintritt in den Arbeitsmarkt leisten auch Geflüchtete einen wichtigen Teil zur Sicherung des deutschen Sozialsystems. Menschenrechte zu achten und Menschen in Not zu helfen, kostet Geld. Das können und müssen wir uns leisten. Zudem können Geflüchtete viel leisten, wenn man sie lässt. Auch Geflüchtete wollen lernen und arbeiten. Und auch wenn viele Geflüchtete ohnehin beruflich qualifiziert sind, ist die Hilfe für geflüchtete Menschen eine humanitäre und völkerrechtliche Verpflichtung, die niemals einer Kosten-Nutzen-Rechnung unterliegen darf. Natürlich gibt es auch „andere“ soziale Probleme in Deutschland, derer sich die Politik annehmen sollte. Es handelt sich dabei jedoch nicht um eine Frage des Entweder-oder. Wir sollten uns nicht von Politiker*innen und verfassungsfeindlichen Parteien spalten lassen und die Schuld an sozialen Missständen den Menschen geben, denen es noch schlechter geht. Vielmehr sollten wir uns gemeinsam die Frage stellen: Wie können wir gemeinsam die Probleme angehen, sodass es allen Menschen gut geht?

Eine Parole, die so alt ist wie Stammtischparolen selbst und immer noch gern skandiert wird, auch von rechtsextremen Politiker*innen. Und das, obwohl sie einer genaueren Betrachtung nicht standhält. Wenn das so wäre, ist es schwer zu erklären, warum die Arbeitslosenquote bei Ausländer*innen in Deutschland um einiges höher ist als bei Menschen mit deutschem Pass. Bei Ausländer*innen lag diese Quote 2021 bei 14,7 Prozent, bei Deutschen bei 4,7 Prozent . Diese Behauptung ist also faktisch falsch. Diese Zahlen resultieren im Übrigen auch nicht daraus, dass Ausländer*innen fauler wären. Die Hürden für Menschen ohne deutschen Pass, eine Arbeitsstelle zu finden oder diese lange zu behalten, sind viel höher als für deutsche Staatsbürger*innen. Ausländer*innen in Deutschland arbeiten zum Beispiel häufig im Niedriglohnsektor und in der Zeitarbeit. Diese Jobs sind stark von wirtschaftlichen Schwankungen betroffen, was zu deutlich mehr Entlassungen führt als in anderen Bereichen. Außerdem ist Arbeit keine Ware, die zugeteilt werden kann. Unternehmen schreiben Stellen aus, prüfen Bewerbungen und suchen sich ihre Mitarbeiter*innen selbst aus. Wer sich beklagt, dass ein*e Ausländer*in gerade „seinen“ Arbeitsplatz einnimmt, ignoriert zum einen, dass dies nicht die Schuld der Mitbewerber*innen mit Migrationshintergrund ist, und vergisst zum anderen, dass es Menschen mit Migrationshintergrund viel schwerer haben, Jobs zu bekommen oder überhaupt zu Vorstellungsgesprächen eingeladen zu werden.

Abgesehen von ihrer Qualifikation kommt es bei  Asylbewerber*innen zunächst neun Monate lang zu einem Arbeitsverbot. Erst nach Ablauf dieser Frist kann die Arbeitsagentur einer Beschäftigung zustimmen. Allerdings muss dafür sichergestellt sein, dass die Stelle nicht adäquat mit einem*r EU-Bürger*in besetzt werden kann. Gerade in strukturstarken Regionen bedeutet das häufig ein faktisches Arbeitsverbot. 

Zunächst ist es nicht verwerflich, zu fliehen, um sich und seiner Familie ein wirtschaftlich sichereres Leben zu ermöglichen. Zwischen 1989 und 1998 zogen fast zwei Millionen Ostdeutsche nach Westdeutschland, um ihren Lebensstandard zu erhöhen. Diese wurden jedoch nicht als Wirtschaftsflüchtlinge wahrgenommen. In der Regel geht eine schlechte wirtschaftliche Lage in den Herkunftsländern aber auch mit weiteren Problemen wie Krieg, Verfolgung oder Repressionen einher. Zu behaupten, dass Menschen, die aus Kriegsgebieten flüchten, aufgrund ihrer Religion, wegen ihrer politischen oder sexuellen Orientierung verfolgt werden oder schlicht Hunger leiden, nur nach Deutschland kommen, um den Sozialstaat auszunutzen, lässt entweder auf böse Absichten schließen, oder zeugt schlicht von Unkenntnis. Umso erschreckender ist, dass laut einer Studie der Marktforschungsgesellschaft Ipsos 2023 etwa 62 Prozent der Befragten in Deutschland der Aussage zustimmen würden, dass die meisten Geflüchteten keine richtigen Geflüchteten seien, sondern nur die Sozialleistungen in Anspruch nehmen wollen. Die Menschen, die aus Ländern wie Syrien, dem Irak, Afghanistan, Äthiopien oder dem Sudan und Südsudan nach Europa kommen, tun dies nicht leichtfertig. Sie setzen sich kaum in ein marodes Boot, um unter Einsatz ihres Lebens über das Mittelmeer zu gelangen. Viele machen sich trotz Lebensgefahr monatelang zu Fuß auf den Weg und sind dabei der Gewalt und Repression von Grenzschützer*innen, etwa in Ungarn oder in der Türkei, schutzlos ausgeliefert. Sie lassen Angehörige zurück und bezahlen dubiose Schlepper*innen mit ihrem letzten Ersparten. All dies tun sie nicht in der Hoffnung, in Deutschland Sozialleistungen beziehen zu können. Allein 2023 sind über 4000 Menschen beim Versuch, Europa zu erreichen, im Mittelmeer ertrunken oder werden vermisst. Geflüchteten außerhalb von Europa ist es aufgrund des Dublin-Verfahrens überhaupt nur schwer möglich, nach Deutschland zu kommen. In Deutschland wurden laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im Jahr 2022 ca. 244.000 Asylanträge gestellt. Auf etwa 84 Millionen Einwohner*innen gesehen, sind das also ca. 2,9 Asylanträge pro 1000 Einwohner*innen. Zudem erhalten Menschen, die als Asylbewerber*innen nach Deutschland kommen, zunächst nur eine Geldleistung, die unterhalb des Bürgergeld-Satzes liegt. Dazu ein Mindestkontingent für Essen, Wohnen und Körperhygiene. Auch die von vielen als stigmatisierend und entmündigend empfundene Bezahlkarte kommt immer mehr zum Einsatz. Einen Anspruch auf Sozialleistungen hat in den ersten drei Monaten sowieso niemand – eine Maßnahme übrigens, um den angeblichen „Sozialtourismus“ einzudämmen. Darüber hinaus dürfen Asylbewerber*innen in Deutschland in der Regel zunächst für neun Monate nicht arbeiten. Das sind wirklich keine Bedingungen, für die man leichtfertig seine Heimat verlässt.

Kriminalität und Herkunft – ein Thema, das immer wieder in der öffentlichen Debatte auftaucht und kaum jemanden kalt lässt. Besonders im Stadion merken wir alle, wie unterschiedlich wir sind und wie der Sport Menschen aus allen sozialen Schichten und Kulturen vereint. Doch auch die Vorurteile kommen mit hinein: „Ausländer sind krimineller als Deutsche“ – ein Spruch, der schnell gefallen ist, aber wenig mit der Realität zu tun hat. Die Wahrheit ist nämlich vielschichtiger.

Kriminalität hat vor allem mit Lebensbedingungen zu tun. Es ist leicht, mit dem Finger auf jemanden zu zeigen, doch Tatsache ist, dass Armut, Perspektivlosigkeit und soziale Isolation Menschen in die Enge treiben – und dann ist der Schritt zur Kriminalität nicht mehr so weit, egal woher jemand kommt. Doch auch die Statistik kann uns in die Irre führen: Manche Straftaten, wie Verstöße gegen das Aufenthaltsrecht, können nur von Ausländern begangen werden. Zählen wir diese Fälle mit, ohne zu differenzieren, sieht es aus, als wären Migrant*innen krimineller – doch das ist ein Trugschluss.

Die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) zeigt uns oft ein verzerrtes Bild. Straftaten wie Verstöße gegen das Aufenthaltsrecht erscheinen als „ausländerspezifisch“ und lassen so den Eindruck entstehen, dass Migrant*innen grundsätzlich krimineller sind. Das Problem liegt in der Art der Zählweise und der pauschalen Betrachtung von „Ausländern“ als homogene Gruppe, was zu einer verfälschten Wahrnehmung führt. Und was bedeutet eigentlich „Ausländer“ in diesem Zusammenhang? Eine solche pauschale Bezeichnung führt uns zu rassistischen Denkmustern und schränkt das Verständnis für die wahren Ursachen von Kriminalität ein.

Denn nicht die Nationalität, sondern soziale Benachteiligung und mangelnde Chancen sind die entscheidenden Faktoren. Menschen, die mit Armut, Isolation und Perspektivlosigkeit kämpfen, haben höhere Chancen, in kriminelle Handlungen verwickelt zu werden. Wer Menschen in Schubladen steckt, schürt Vorurteile und trägt zur Spaltung der Gesellschaft bei. Diese Stereotype zu überwinden, ist unsere Verantwortung.

Die Medien tragen oft ihren Teil dazu bei. Über Straftaten von Migrant*innen wird reißerischer berichtet, und der Ursprung der Täter wird oft hervorgehoben, während es bei Deutschen selten ein Thema ist. Wie viel sieht man wirklich, und wie viel entsteht durch Schlagzeilen, die uns sagen, wer „anders“ ist? Die Art und Weise, wie Medien über Kriminalität berichten, beeinflusst unser Bild von Migrant*innen und verstärkt unbewusst Vorurteile.

Gleichzeitig müssen wir auch das Alter berücksichtigen: Junge Männer sind unabhängig von ihrer Herkunft eher in Straftaten verwickelt als ältere. Das Bild vom „Kriminellen“ sollte also differenzierter betrachtet werden. Entscheidend sind nicht die Nationalität, sondern die sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen, die jemand vorfindet – oder eben nicht.

Es liegt an uns, Vorurteile abzubauen. Menschenrechte sind unteilbar, und das Recht auf ein Leben in Frieden und Wohlstand gehört zu den Grundwerten unserer Gesellschaft. Borussia Dortmund steht nicht nur für Sport, sondern auch für den Kampf gegen Diskriminierung.

Integration ist immer ein zweiseitiger Prozess. Es geht nicht nur darum, wie sich Menschen anpassen, die zu uns kommen. Sondern auch darum, wie offen und unterstützend die Gesellschaft ist, die sie aufnimmt. Oft sind es Vorurteile und Barrieren, die es den Menschen schwer machen, sich zu integrieren. Wenn wir ihnen nicht die Möglichkeit geben, sich in die Gesellschaft einzubringen und sich willkommen zu fühlen, können wir nicht ernsthaft erwarten, dass sie sich integrieren.

Darüber hinaus haben viele Menschen, die neu in einem Land sind, schon enormen Herausforderungen gegenübergestanden und leisten Großartiges, um sich ein neues Leben aufzubauen. Es ist eine große Leistung, sich in einer neuen Kultur zurechtzufinden. Statt die Menschen zu kritisieren, sollten wir uns überlegen, wie wir sie besser unterstützen können, um eine wirklich inklusive Gesellschaft zu schaffen.

Es mag richtig sein, dass unsere Generationen keine unmittelbare Schuld am Holocaust trägt. Wir als Gesellschaft tragen jedoch weiterhin eine große Verantwortung. Eine Verantwortung, der sich Deutschland ohnehin viel zu spät gestellt hat. Dutzende Täter*innen konnten nach dem Krieg ohne Konsequenzen eine Karriere im Staatsdienst der Bundesrepublik machen. Gestapo-Unterlagen, die zur Verfolgung von Homosexuellen verwendet wurden, wurden auch in der Bundesrepublik weiterverwendet, um etwa homosexuelle Menschen strafrechtlich zu verfolgen. Die Verantwortung gegenüber allen Opfern nationalsozialistischer Verbrechen oder solchen, die auch danach fortgeführt wurden, endet also in keinster Weise mit dem Untergang Nazi-Deutschlands. Aus der Schuld der vielen Deutschen während der NS-Zeit und danach ergibt sich für uns die Verpflichtung, sich gegen dieses Gedankengut zu stellen und niemals zu vergessen, wohin dieses Gedankengut führen kann. Wir dürfen niemals aufhören, den Überlebenden und ihren Nachfahren zuzuhören, ihre Sorgen in Bezug auf das Erstarken rechtsextremer Parteien ernst zu nehmen und zu widersprechen, wenn Leute diese Verantwortung leugnen. „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ – so heißt es in Artikel 1 des Grundgesetzes. Deutlicher geht es wohl kaum.

„Ihr seid nicht Schuld an dem, was war, aber verantwortlich dafür, dass es nicht mehr geschieht.“ (Max Mannheimer, Shoah-Überlebender) 

Menschenfeindliches und verbrecherisches Verhalten wird nicht besser, wenn man es gegeneinander aufwiegt. Das grenzt an Kindergarten-Niveau. Der Holocaust wurde in Deutschland geplant und von Deutschen bürokratisch, penibel und emotionslos durchgeführt. Das ist auf traurige Weise einzigartig in der Menschheitsgeschichte. Deshalb tragen wir bis heute die Verantwortung gegenüber allen Opfern der NS-Zeit, zu denen übrigens auch der frühere BVB-Platzwart und Widerstandskämpfer Heinrich Czerkus zählt. Diese Verantwortung verlangt eine Bekämpfung rechtsextremer und rassistischer Tendenzen in allen Bereichen, sei es auf der Arbeit, in der Familie, im Stadion oder in der Kneipe. Wer Verbrechen relativiert, vergisst. Das zeigt sich nicht zuletzt in den Aussagen Björn Höckes zum Holocaust-Mahnmal, dass er als „Denkmal der Schande“ bezeichnete, oder Alexander Gaulands, der die Gewaltherrschaft Hitlers und der Nationalsozialisten als „Vogelschiss“ in der Geschichte beschrieb.

Eine weitere Form der Relativierung, die leider immer wieder zu hören ist, ist die Aussage, dass während der NS-Zeit nicht alles schlecht gewesen sei. Schnell heißt es dann zum Beispiel, Hitler habe ja die Autobahnen gebaut. Dazu sei zunächst gesagt: doch. Im Dritten Reich war tatsächlich alles schlecht. Die Situation für alle Menschen, die nicht dem Weltbild der Nazis entsprachen, war lebensbedrohlich, Frauen waren nicht mehr als ein Mittel, um spätere Soldaten zu gebären und großzuziehen, die gesamte Wirtschafts- und Sozialpolitik war auf Angriffskrieg und Vernichtung ausgerichtet. Dass Hitler die Autobahnen erfand oder bauen ließ, ist nationalsozialistische Propaganda und historisch unwahr. Die Idee, Autobahnen in Deutschland zu bauen, entstand bereits in der Weimarer Republik, also weit vor Hitlers Machtübernahme. Ja, unter Hitler wurden die Autobahnen ausgebaut, dies geschah aber zum einen mit dem Einsatz von Zwangsarbeiter*innen und diente zum anderen nur dem Zweck, Truppen und Material für den deutschen Vernichtungskrieg zu transportieren. Wer also den Mythos von Hitler als „Vater der Autobahn“ glaubt, übernimmt ungefiltert nationalsozialistische Propaganda und wer das, sowie alle anderen Entwicklungen dieser Zeit, nicht als ausnahmslos schlecht wahrnimmt, sollte dringend seine persönlichen Werte überdenken. 

Diese Behauptung wird immer wieder aufgestellt, um Menschen, die sich als homo- oder bisexuell bezeichnen würden, als falsch zu markieren und somit Schwulen und Lesben die Berechtigung ihrer Sexualität abzusprechen. Diese Aussage ist schlicht falsch. Es stellt sich die Frage, wieso „die Natur“ – was immer damit genau gemeint ist – Maßstab für unser individuelles und gesellschaftliches Zusammenleben sein soll. Dies wird in anderen Bereichen auch nicht getan. Sonst müssten die Menschen, die aufgrund ihrer vermeintlichen „Unnatürlichkeit“ Homosexualität ablehnen, auch gegen das Fliegen oder das Fernsehen sein. Dass dies nicht der Fall ist, entlarvt die menschenfeindliche Komponente hinter dieser Aussage. Hinter der Behauptung, Homosexualität wäre unnatürlich, steckt das Narrativ, dass erst die Gesellschaft Menschen homosexuell machen würde und Homosexualität ein Produkt unserer Zeit wäre. Und das ist schlicht falsch. Homo- und bisexuelle Menschen hat es schon immer gegeben, ebenso wie heterosexuelle Menschen. Homosexualität als unnatürlich und falsch zu labeln, hat zum Ziel, Heterosexualität als die „richtige“ Norm zu etablieren. Angriffe auf und Diskriminierung von nicht-heterosexuellen Menschen sind die Folge dessen. Auch im Tierreich gibt es viele Beispiele für gleichgeschlechtliche Sexualität oder „Partnerschaften“, zum Beispiel bei der Aufzucht von „adoptieren“ Nachkommen.

Im Fußball zeigt sich das unter anderem dadurch, dass bisher kaum ein Fußballer während seiner aktiven Laufbahn ein Coming-out als schwul hatte. Denn in der homofeindlichen Denkweise bedeutet Schwulsein, kein „richtiger“ Mann zu sein. Dies stünde im Widerspruch zur vermeintlich männlichsten aller Sportarten – dem Fußball. Dabei sollten alle Menschen die Sexualität und die Liebe ausleben können, die sie möchten. Und da es Menschen gibt, die homosexuell sind, ist Homosexualität auch natürlich.

Fußball ist weder Männersport noch Männersache. Millionen Mädchen und Frauen weltweit sind Teil des vielseitigen Fußballkosmos, zum Beispiel als Spielerinnen, Trainerinnen, Schiedsrichterinnen, Ordnerinnen, Mitglieder, Fans, Journalistinnen oder Vorstands-Mitglieder. Dennoch müssen sie immer wieder um ihre Positionen kämpfen. Anders als bei Jungen und Männern wird bei Frauen und Mädchen ständig ihr Verständnis für Fußball infrage gestellt („Weißt du, was Abseits ist?“), ihr intrinsisches Interesse für den Sport wird ihnen abgesprochen („Die kommt nur wegen ihres Freunds oder wegen Mats Hummels“). „Du Mädchen“ und „Pussy“ gelten als Beleidigungen, die Schwäche und Unfähigkeit ausdrücken sollen. Fußball von Frauen wird allein durch die Bezeichnung als „Frauenfußball“ – im Gegensatz zum als normal geltenden „Fußball“ (der Männer) – zu einer anderen Sportart gemacht, die – so die falsche Behauptung – an den richtigen (Männer-)Fußball gar nicht heran käme.

Durch all diese Bestrebungen, Fußball als männlichen Raum zu kennzeichnen, der allein Männern vorbehalten ist und in dem Männer „echte“ Männer sein können, werden Frauen und Weiblichkeit immer wieder vom Fußball ausgeschlossen. Die Frage, die sich bei all dem gestellt werden muss, ist einerseits, was „echte Männer“ und „richtige Frauen“ überhaupt sein sollen. Solche Behauptungen sind Ausdruck von sexistischen, geschlechterstereotypen Vorstellungen von Männern und Frauen. Außerdem sollten wir überlegen, welche Auswirkungen solche Denkweisen und Aussagen auf unsere Mitmenschen haben. Wir sollten alles dafür tun, dass Mädchen und Frauen sich nicht immer wieder als „echte Fans“, „Fußballexpertinnen“ oder gute Spielerinnen behaupten müssen, sondern ganz normal ins Stadion, auf den Sportplatz oder zu ihrer Arbeit gehen können, wie jeder männliche Fan, Spieler oder Journalist auch. Es gibt viel, was wir tun können, um Mädchen und Frauen auf der Tribüne und auf dem Platz ein Gefühl von Sicherheit und Unterstützung zu geben. Dazu gehört auch, den Mythos von Fußball als „Männersache“ endlich abzuschaffen. Fußball ist für alle da!

„Remigration“ ist ein Kampfbegriff der extremen Rechten und soll verschleiern, um was es sich eigentlich handelt: Abschiebungen. Durch den Begriff „Remigration“ sollen die Abschiebeabsichten verharmlost und salonfähig gemacht werden. Es handelt sich um eine gängige Strategie der Diskursverschiebung. Die Parole „Remigration jetzt“ bedeutet nichts anderes als „Ausländer raus“. Diese Forderung hat eine rassistische Komponente. Zum einen werden alle ausländischen Menschen pauschal unter dem Begriff „Ausländer“ zusammengefasst, ohne dass Hintergründe der Herkunft oder des Aufenthaltsstatus berücksichtigt werden. Das dahinter liegende Verständnis orientiert sich i.d.R. nicht an der tatsächlichen Staatsangehörigkeit der Menschen, sondern anhand der Hautfarbe und/oder der (vermeintlichen) Abstammung – ein klassisches „Blut und Boden“-Narrativ.

Die Vorstellung, dass Abschiebungen eine einfache Lösung für komplexe soziale und wirtschaftliche Probleme bieten, ignoriert die realen Herausforderungen und die menschlichen Kosten, die damit einhergehen. Durch Abschiebungen werden Menschen aus ihrem Lebensumfeld gerissen. Sie verlieren ihr Zuhause, ihre Familie, ihre Freund*innen und ihre Lebensgrundlage. In den Ländern, in die sie abgeschoben werden, haben sie oftmals keine Perspektive. Mitunter haben sie noch nie in diesem Land gelebt, sprechen die dortige Sprache nicht und sind von Gewalt bis hin zu Todesurteilen bedroht. Eine Abschiebung kann also lebensbedrohlich sein.

Außerdem bedient die Forderungen nach (mehr) Abschiebungen als angebliche Lösung der gesellschaftlichen Herausforderungen das Narrativ, dass „die Ausländer“ den Deutschen etwas wegnehmen würden. In einer globalisierten Welt sind unsere Länder zunehmend miteinander verflochten. Anstatt Menschen auszuschließen, sollten wir uns darauf konzentrieren, gemeinsam Lösungen für die Herausforderungen zu finden, vor denen wir stehen. Wenn wir uns wirklich um das Wohl unserer Gesellschaft kümmern, sollten wir Ansätze wählen, die sowohl humane als auch respektvolle Lösungen bieten. Möchte ich zum Beispiel eine neue, günstige Wohnung finden, weil die Mieten gedeckelt wurden und Geld in den sozialen Wohnungsbau investiert wurde, oder möchte ich eine Wohnung finden, weil Millionen von Menschen aufgrund von Abschiebungen ihr Zuhause verloren haben? Rassismus und Ausgrenzung sind keine Lösungen, sondern nur Hindernisse für eine gerechte und solidarische Gesellschaft. Es soll eine bessere Zukunft für alle Menschen geben und nicht nur für jene, die in den Vorstellungen der extremen Rechten die richtige „Herkunft“ oder den richtigen Pass haben. 

Grenzkontrollen sind ein viel diskutiertes Thema, und es ist wichtig, sowohl die rechtlichen als auch die wirtschaftlichen Aspekte zu betrachten. Ein zentraler Punkt ist das Schengen-Abkommen, das den freien Personenverkehr innerhalb Europas ermöglicht und somit ein wesentlicher Bestandteil der europäischen Integration ist. Diese persönliche Freiheit sollten wir als international reisende Fußballfans zu schätzen wissen.

Wirtschaftlich betrachtet, könnten Grenzkontrollen erhebliche Nachteile mit sich bringen. Die zusätzlichen Kontrollen würden den Warenverkehr verlangsamen, was zu höheren Kosten für Unternehmen und letztlich zu höheren Preisen für Verbraucher führen könnte. Zudem würde die Bürokratie zunehmen, was insbesondere kleinere Unternehmen belasten könnte, die nicht die Ressourcen haben, um mit den zusätzlichen Anforderungen umzugehen. Grenzkontrollen könnten also sowohl rechtliche Prinzipien infrage stellen als auch wirtschaftliche Nachteile verursachen.

Die Einschränkung des Familiennachzugs schadet mehr, als sie nützt. Menschen, die bereits hier sind, benötigen ihre Familie, um sich schneller zu integrieren, eine stabile Lebensgrundlage zu finden und psychisch gesund zu bleiben. Wenn wir den Familiennachzug verhindern, schaffen wir unnötige soziale Probleme, die uns langfristig teurer zu stehen kommen – sowohl finanziell als auch gesellschaftlich. Außerdem ist es menschlich richtig, Menschen das Recht zu geben, mit ihren engsten Verwandten zusammen zu sein. Warum sollten wir das verhindern, wenn es dem sozialen Frieden und Zusammenhalt zugutekommt?

Wie würdest du dich fühlen, wenn du hunderte bis tausende Kilometer von deinem ursprünglichen Zuhause entfernt bist, evtl. die Landessprache nicht sprichst und nicht einmal mit deiner Familie zusammen sein kannst?

Das Argument, abgelehnte Asylbewerber*innen schnell abzuschieben, erscheint auf den ersten Blick nachvollziehbar, aber es gibt gute Gründe, warum das nicht so einfach funktioniert. Zum einen sind Asylverfahren oft sehr komplex, und eine Ablehnung bedeutet nicht immer, dass die Person kein Schutzbedürfnis hat. Eine vorschnelle Abschiebung kann dazu führen, dass Menschen in Lebensgefahr zurückgeschickt werden.

Außerdem zeigen viele Beispiele, dass Abschiebungen oft in Länder erfolgen, in denen die Situation für die Zurückgeschickten unsicher ist – sei es aufgrund politischer Instabilität, mangelnder medizinischer Versorgung oder Verfolgung. Wir müssen uns fragen: Wollen wir wirklich Menschen in solche Verhältnisse zurückschicken?

Zudem wird oft vergessen, dass Integration Zeit braucht. Viele abgelehnte Asylbewerber*innen haben bereits versucht, hier Fuß zu fassen, eine Arbeit aufgenommen oder sich in die Gesellschaft eingebracht. Schnelle Abschiebungen reißen diese Menschen aus ihrem Leben und verhindern, dass sie langfristig zu einem positiven Teil der Gesellschaft werden können.

Statt auf schnelle Lösungen zu drängen, sollten wir dafür sorgen, dass die Verfahren fair und transparent bleiben und dass Menschen, die Schutz brauchen, auch wirklich geschützt werden. Menschenrechte und die Würde des Einzelnen sollten immer Vorrang vor kurzfristigen politischen Maßnahmen haben.

Das Argument „Keine Sozialleistungen für Migrant*innen ohne Aufenthaltsstatus“ ist nicht nur sehr unmenschlich, sondern auch unklug. Jeder Mensch, egal ob mit oder ohne Papiere, hat grundlegende Rechte und sollte im Notfall Unterstützung erhalten. Es geht hier um mehr als Bürokratie – es geht um Menschenleben.

Wenn Migrant*innen ohne Aufenthaltsstatus keinerlei soziale Absicherung erhalten, drängt man sie in die Armut, in die Illegalität und möglicherweise in die Kriminalität. Das kann auf Dauer weder im Interesse der Betroffenen noch der Gesellschaft sein. Menschen ohne Unterstützung werden anfällig für Ausbeutung, Schwarzarbeit oder kriminelle Machenschaften – das schadet nicht nur ihnen selbst, sondern auch dem sozialen Frieden in der Gesellschaft.

Darüber hinaus verschärft das Verweigern grundlegender Hilfe die Probleme nur. Statt die Situation zu verbessern, schaffen wir zusätzliche Spannungen und Ungerechtigkeiten. Eine gerechte und solidarische Gesellschaft misst den Wert eines Menschen nicht an seinem Aufenthaltsstatus, sondern alle Menschen sind gleich viel wert.

In vielen Bereichen unserer Gesellschaft, so auch im Kontext Fußball und Stadion, haben Diskussionen rund um das Schlagwort „Gender“ zugenommen. Es gibt dort viele positive Entwicklungen, wie das Verwenden einer geschlechtergerechten Sprache, Maßnahmen des Gender-Mainstreamings, in denen „Geschlecht“ als wichtiges Thema der Gesellschaft in seinen verschiedenen Facetten mitbedacht wird, sowie die Berücksichtigung verschiedener Lebensentwürfe, für Männer, Frauen, trans* Personen oder nicht-binäre Menschen.

Gleichzeitig scheint das Thema viele Gemüter zu erhitzen. Anfeindungen gegenüber Menschen, die sich mit dem Thema auseinandersetzen oder Menschen, die sich als queer identifizieren sind die Folge. Es kommt zu dem Vorwurf, es würde eine „Sprachdiktatur“ im Sinne des „Genderns“ geben und man dürfe gar nicht mehr richtig Mann oder Frau sein. Es ist schade, wenn Menschen dieses Gefühl haben, denn Personen, die sich für mehr Gender-Gerechtigkeit einsetzen, möchten genau das Gegenteil erreichen. Es soll niemandem vorgeschrieben werden, wie er oder sie zu leben hat, sondern es geht darum, dass alle Menschen – unabhängig von Geschlecht oder Identität – die gleichen Chancen und Rechte haben. Niemand verliert etwas dadurch, dass wir für Gleichberechtigung sorgen. Im Gegenteil: Es schafft eine Gesellschaft, in der wir alle freier sind, uns so zu entfalten, wie wir wollen, ohne in starren Rollenbildern festzustecken. Wer behauptet, das wäre eine Bedrohung, hat vielleicht Angst vor Veränderung, doch: Gerechtigkeit schadet niemandem.