Nachricht
Ottmar Hitzfeld feiert seinen 75. Geburtstag
Ein halbes Jahrhundert ist es her, da gewann er als Spieler zwei Meisterschaften, 1972 und 1973 mit dem FC Basel. Bei den Olympischen Spielen 1972 in München stürmte er für die Bundesrepublik Deutschland, schoss in jedem Spiel ein Tor, konnte das Ausscheiden in der Zwischenrunde gegen die Deutsche Demokratische Republik (2:3) jedoch nicht verhindern. Von 1975 bis 1978 trug Hitzfeld das Trikot des VfB Stuttgart, ehe es den aus dem deutsch-schweizerischen Grenzgebiet stammenden Lörracher zurück in die Schweiz zog, wo er die aktive Karriere 1983 nach 327 Einsätzen mit 190 Toren beendete. Eigentlich wollte Hitzfeld, der zehn Jahre zuvor sein Lehramtsstudium mit Staatsexamen in Mathematik und Sport erfolgreich beendet hatte, nun in den Schuldienst starten. Doch das Staatliche Schulamt verlangte eine zusätzliche Prüfung. Dieser bürokratische Akt sollte sich zu einem großen Glücksfall für den deutschen Fußball im Allgemeinen, für Borussia Dortmund und für Bayern München im Besonderen erweisen.
Denn Hitzfeld trotzte dieser Willkür, heuerte als Trainer beim SC Zug an und führte diesen direkt von der zweiten in die erste Liga. Nach Ablauf seiner zweiten Saison auf der Bank wurde er zum Schweizer Fußballtrainer des Jahres 1985 gewählt. Mit dem Grasshopper Club Zürich gewann er zwischen 1988 und 1991 fünf Schweizer Titel, ehe ihn der damalige Manager von Borussia Dortmund, Michael Meier, in die Bundesliga holte.
Sechs Jahre war er Cheftrainer von Borussia Dortmund. Sechs Jahre, in denen es nur eine Richtung gab: steil nach oben. Vizemeister 1992, UEFA-Pokal-Finalist 1993, Deutscher Meister 1995, Deutscher Meister 1996, Champions-League-Sieger 1997. Der Gewinn des Weltpokals 1998 fiel in sein kurzes, einjähriges Intermezzo als BVB-Sportmanager. Die Mannschaft vertraute ihm, die Vereinsführung stärkte ihn, die Menschen liebten ihn.
„Die Frau am Kiosk sagte mir“, als es im Juni 1995 um den Titel ging und der BVB-Trainer Zeitungen kaufte, „,Herr Hitzfeld, wir packen das!‘ Diese Einstellung der Menschen hat mir imponiert. Ich habe in Dortmund immer das Gefühl gehabt, dass die Fans hinter uns stehen. Das ist wirklich echte Liebe. Ich kann das bewerten, da ich bei Bayern war, einem Verein, der den Erfolg gepachtet hat, wo vieles selbstverständlich ist. In Dortmund liebt man den Verein, und man steht hinter dem BVB, auch wenn es mal schlecht läuft – was man bei anderen Vereinen seltener erlebt“, sagte er vor vier Jahren in einem Interview mit der Borussia. „1995 war mit der schönste Titelgewinn in meiner Laufbahn. Es war meine erste Meisterschaft in Deutschland. Und Dortmund war 32 Jahre lang nicht mehr Deutscher Meister gewesen. Diese Emotionen, diese Glücksgefühle, werde ich nie vergessen. Es war Wahnsinn – und ein Gemisch aus Stolz und Erleichterung. Mir sind die Tränen gekommen, was selten passiert. Da ist der ganze Druck abgefallen. Ein einmaliges und prägendes Erlebnis.“
1996 schafft Borussia Dortmund mit Trainer Ottmar Hitzfeld die Titelverteidigung und gewinnt 1997 als erster deutscher Klub die UEFA Champions League. Das 3:1 gegen Juventus Turin ist für den damals 48-Jährigen das 273. und zugleich letzte Spiel als Cheftrainer der Schwarzgelben. „Es war genau die richtige Entscheidung zum richtigen Zeitpunkt. Ich war sechs Jahre Trainer. Das war Knochenarbeit, und ich war ziemlich erschöpft.“
Nach einem Jahr Pause wurde er vom FC Bayern engagiert, von 2008 bis 2014 war der Deutsche, dem das Images des Schweizers anhaftete, Nationaltrainer der Eidgenossen. Seit neuneinhalb Jahren genießt er den Blick von seinem Haus oben in Lörrach auf die Schweiz. „Ich lese viel, gehe jeden Tag mit meiner Frau eine Stunde im Wald spazieren, wir spielen Golf und im Winter fahren wir Ski“, sagte er im Sommer 2019. „Nur das Heute ist wichtig – und morgen.“ Seine drei Enkel bezeichnet er als „Geschenk“. Sie werden ihren Opa heute gebührend feiern.
Boris Rupert