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Kein verlorenes Jahr im Nachwuchs
U23-Talente auf dem Sprung
Lars Ricken: „Die Entwicklung in der U23 ist extrem erfreulich. Die Unterstellung manch externer Experten, das sei eine zusammengekaufte Truppe, mit der man aufsteigen müsse, lasse ich so nicht gelten. Anhand mancher Statistik lässt sich ablesen, dass zum Beispiel an über 60 Prozent all unserer Saisontore direkt oder indirekt Spieler beteiligt gewesen sind, die aus unserem Jugendbereich kommen. Ich nenne mal: Dominik Wanner, Ansgar Knauff, Tobias Raschl, Alaa Bakir, Patrick Osterhage und Albin Thaqi. Das zeigt, welch großen Anteil die Spieler haben, die wir selbst bei Borussia Dortmund ausgebildet haben.“
Elf U19-Nationalspieler
„In der U19 haben wir uns gut aufgestellt und eine extrem spannende Mannschaft für die neue Saison. Nachdem wir mit Julian Rijkhoff von Ajax Amsterdam, Jamie Bynoe-Gittens von Manchester City, Tom Rothe vom FC St. Pauli und Torwart Marian Kirsch von Hannover 96 noch einmal vier weitere Jugendnationalspieler dazu bekommen haben, werden wir unter dem Strich elf U19-Nationalspieler in unseren Reihen haben. Das hat es so auch noch nicht gegeben. Hier ist aktuell und auch in der Vorarbeit extrem viel geleistet worden.“
Kompetenz an der Linie
„Wir haben in Mike Tullberg (Foto) und Enrico Maaßen in den vergangenen Jahren zwei Trainer dazu bekommen, bei denen das Ende der Entwicklung noch gar nicht in Sicht ist. Beide bringen neuen Input ein und unser NLZ noch einmal weiter. Beide haben so viel Potenzial, dass noch gar nicht absehbar ist, wo das einmal enden wird. Wir haben also nicht nur spannende Spieler, sondern auch mit die spannendsten Trainer im deutschen Fußball. Dazu kommt in Person von Sebastian Geppert noch ein U17-Trainer, der unter Cheftrainer Edin Terzic jetzt auch seinen Teil zur positiven Entwicklung bei der Profi-Mannschaft beigesteuert hat. Und auch die Trainer im Grundlagen- und Aufbaubereich, die alle schon lange dabei sind, leisten ihren Beitrag, dass wir im Leistungsbereich dann so starke Mannschaften haben; sowohl in der Breite als auch in der Spitze mit individuell herausragenden Spielern.“
Nachschub für die Profis
„In Youssoufa Moukoko und Ansgar Knauff haben gleich zwei aktuelle U19-Spieler während der Corona-Zeit ihre ersten Fußabdrücke im Profibereich hinterlassen. Beide haben nicht nur Einsätze gesammelt, sondern auch sofort Tore erzielt. Youssoufa wurde zwar im Saisonverlauf durch seine Verletzung ausgebremst, dafür aber stand Ansgar im Viertelfinale der Champions League gegen Manchester City in beiden Spielen in der Startelf von Borussia Dortmund – das ist ein absolutes Highlight. Ansgar ist damit ein gutes Beispiel, dass die Auswirkungen der Corona-Zeit für Spieler aus dem Leistungsbereich vielleicht gar nicht so groß sind. Er hat ja in der U16 aufgrund von Wachstumsproblemen überhaupt nicht und dann in der U17 nur einmal über die volle Distanz gespielt – und trotzdem war es ihm nur eineinhalb Jahre später möglich, im Viertelfinale gegen ManCity dabei zu sein.“
Learning für den Grundlagenbereich
„Die Geschichte von Ansgar Knauff zeigt auch, dass die Grundlagen im unteren Bereich, zwischen U11 und U14, gelegt werden. Da sind wir gut, und die Jungs können nachhaltig davon zehren. Und deshalb werden wir nach Corona noch mehr Wert auf diesen Bereich legen als ohnehin schon. Wir werden noch mehr und noch länger trainieren, um die angefallenen Ausfallzeiten auf dem Trainingsplatz bestmöglich aufzuholen. Außerhalb des Platzes haben wir das schon gemacht. Darin zeigt sich auch die Qualität unserer Mitarbeiter. Die zeigt sich ja nicht nur in Meistertiteln, sondern auch im Umgang mit Spielern und deren Eltern in der Corona-Zeit. In den Phasen, in denen gar nichts möglich war, haben unsere Mitarbeiter in Absprache mit den Eltern Athletikprogramme, Videoanalysen, technische Übungen und Schulaufgaben zusammen- und so einen strukturierten Tagesablauf zur Verfügung gestellt. Dafür waren sowohl die Spieler als auch die Eltern sehr dankbar. Und damit haben wir auch nachhaltig eine Menge erreicht.“
Neue Bodenständigkeit
„Corona war und ist für alle eine Herausforderung; für Spieler, für Trainer und für Eltern. Dadurch sind eine gewisse Bodenständigkeit und ein neues Miteinander zurückgekommen. Alle gemeinsam haben wir erkannt, dass es auch anders geht als im NLZ vor Corona gemeinhin üblich. Ein paar Beispiele: Wir konnten größtenteils keinen Fahrdienst anbieten, also mussten die Spieler selbst ihre An- und Abreise organisieren. Wir konnten unseren Kabinentrakt lange nicht nutzen, also mussten die Jungs ungeduscht nach Hause. Dazu konnten wir keine Trainingseinheiten im Mannschaftsverbund anbieten, sondern zum Teil nur in Zweier-Gruppen oder digital angeleitet über Apps. Diese Umstände haben uns alle auch geerdet.“
Veränderte Anforderungen, erweiterte Möglichkeiten
„Das Anforderungsprofil eines jeden Trainers und Mitarbeiters hat sich in der Corona-Zeit erweitert. Das ist definitiv so. Das Training beispielsweise war über weite Phasen kein Mannschaftstraining mehr, sondern nur in Kleingruppen möglich, nicht zur gleichen Zeit – und total individualisiert. Unsere Trainer haben in Apps Szenen zur Verfügung gestellt, die die Spieler schneiden, analysieren und bewerten mussten. Ich kann also nicht behaupten, dass unsere Trainer nichts zu tun hatten. Im Gegenteil: Der Zeitumfang zur Vor- und Nachbereitung des Trainings, auch die Kontrolle, waren noch umfangreicher und damit zeitintensiver als in normalen Zeiten. Genau hier zeigt sich die Qualität unserer Mitarbeiter. Keiner hat gesagt: Es ist Corona, da können wir nichts machen. Sondern es hieß: Wir müssen jede Möglichkeit nutzen, das sind wir den Jungs schuldig. Ich möchte niemandem zu nahetreten, kann mir aber auch nicht vorstellen, dass es viele NLZ gibt, die sich so intensiv und zeitumfassend mit ihren Spielern beschäftigt haben wie unsere Trainer. So haben wir den Jungs auch in den Zeiten, in denen überhaupt kein Training vor Ort möglich war, von morgens bis abends eine Struktur an die Hand gegeben. Die mussten bis 10 Uhr morgens ihr Athletikprogramm absolviert haben. Danach war Zeit für Schule, danach Videoanalyse und danach gab es technische Aufgaben. Das war auch den Eltern eine große Hilfe. Und was den mannschaftstaktischen Bereich betrifft: Wenn sich die Jungs per Videoanalyse permanent mit dem Spiel beschäftigen, dann lernen sie dabei auch unheimlich viel. Sie lernen nicht nur auf dem Platz, sondern auch durch Beschäftigung und individuellen Austausch darüber. Für das Verständnis des Spiels können sie so vielleicht sogar noch mehr mitnehmen.“
Chancen durch Corona
„Über die erweiterten Trainingsmöglichkeiten haben wir gesprochen. Daran hängen Fragen, die wir stellen sollten: Muss ein Spieler, der von weiter weg mit Bus oder Bahn zum Training kommt, zwingend auch zum Auslaufen und zur Regeneration ins NLZ kommen? Oder können wir das künftig nicht digital machen? Wir werden die digitalen Möglichkeiten dort nutzen, wo sie sinnvoll sind; zum Beispiel in der Videoanalyse von Zuhause. Das sind alles Instrumente, die nach Corona nicht sofort weg sein müssen, die können wir ausbauen.
Aber auch außerhalb des Platzes haben die Spieler, die ja vor allem junge Menschen sind, etwas aus der Corona-Zeit mitgenommen. Zum Beispiel: Ein gewisses Maß an Selbstorganisation ist durchaus persönlichkeitsbildend und führt zu mehr Bodenständigkeit. Zudem war die Fokussierung auf Schule noch nie so hoch wie in der Corona-Zeit. Wir waren teilweise überrascht, wie konsequent sich die Spieler im Jugendhaus vor ihre Computer gesetzt und Schulaufgaben gemacht haben. Da haben wir ein gewisses Erwachsenwerden erkannt. Das haben die Jungs toll gemacht.“
Erkenntnisse durch Corona
„Ich denke, es ist vielen Beteiligten klar geworden, dass das, was wir hier machen, alles keine Selbstverständlichkeit ist. Als es hieß, wir können zurück auf den Rasen, haben die Spieler offen Dankbarkeit dafür gezeigt. So ist allen mal wieder bewusst geworden, was für einen coolen Job wir hier alle machen dürfen, bei was für einem coolen Verein. Ich habe es eingangs gesagt: Wir haben uns nicht in ein Corona-Schicksal ergeben. In der jüngsten offiziellen Abstellungsperiode zu den U-Nationalmannschaften hatten wir 18 Abstellungen – das zeigt, dass wir neben guten Mannschaften auch individuell herausragende Spieler haben. Wir haben auch die Corona-Zeit selbstbewusst überstanden und sind für die Zukunft hervorragend aufgestellt, dank der Arbeit meiner Mitarbeiter in den vergangenen Jahren.“
Hohe Hygiene-Standards
Die Vorkehrungen im Jugendhaus waren in der Corona-Zeit extrem hoch. „Mit Youssoufa Moukoko und Ansgar Knauff hatten wir zwei Spieler mit im Haus, die bei den Profis trainiert und gespielt haben. Dementsprechend war besondere Sorgfalt geboten, denn die beiden durften natürlich unter keinen Umständen etwas bei den Profis einschleppen“, sagt Lars Ricken. Insbesondere die Hygiene-Standards wurden immer wieder überprüft. „Beim Betreten der verschiedenen Räumlichkeiten und zu den Essenszeiten haben wir sehr auf Einhaltung aller Maßnahmen geachtet. Denn es hat die Gefahr bestanden, dass wir das Virus in den Profitrakt tragen und in der Folge das komplette Haus hätten schließen müssen“, erklärt unser Direktor Nachwuchsleistungszentrum. Sein Fazit: „Da haben sich alle extrem verantwortungsvoll verhalten.“
Protokoll: Nils Hotze