Interview
„Es fühlt sich immer noch alles unglaublich gut an“
Edin, das Pokalfinale in Berlin liegt gerade erst 46 Tage zurück. Inwiefern hast Du das turbulente vergangene Halbjahr im Urlaub schon reflektieren können?
Edin Terzic (lacht): Die Antwort könnte etwas länger ausfallen. Wo fange ich an? In der ersten Wochen der Sommerpause war ich noch beinahe analytisch unterwegs, habe über Spiele und Gegner nachgedacht und bin dann in den Urlaub geflogen. Aber irgendwann kam dieser Punkt, vielleicht auch ausgelöst durch zwei Trainer-Awards, die man mir wahnsinnigerweise verliehen hat, an dem ich ganz plötzlich dachte: Wow! Wow! Wow! Was haben wir da eigentlich alle miteinander bewegt!? An diesem Punkt ist mir erstmals bewusst geworden, was das für ein intensiver und emotionaler Ritt war. Von einer Sekunde auf die andere habe ich angefangen, all die ungeöffneten Nachrichten zu lesen, die mich rund um das Saisonfinale erreicht haben, ich habe mir Unmengen von Videos und Fotos angeschaut. Wieder. Und wieder. Ich hab’s echt genossen und konnte nicht mehr aufhören. Es fühlte sich unglaublich gut an, und das ist nach wie vor meine Gefühlslage: Es fühlt sich immer noch alles unglaublich gut an!
Am Donnerstag beginnt die Vorbereitung auf die neue Saison. Du hast heute bekanntgegeben, dass Du nicht – wie ursprünglich geplant – als Co-Trainer von Marco Rose fungieren wirst. Was sind die Gründe hierfür
Terzic: Es war ja bekanntermaßen immer mein großes Ziel, weiterhin Teil des BVB-Trainerteams zu sein. Aber während der Sommerpause hatte ich auch Gelegenheit, intensiv über meine persönliche Zukunft nachzudenken. Die Idee, die Position eines Technischen Direktors beim BVB zu installieren, ist im Zuge unserer Saisonanalyse entstanden, Hans-Joachim Watzke, Michael Zorc, Sebastian Kehl und ich haben gemeinsam ein Anforderungsprofil erarbeitet und das Aufgabengebiet abgesteckt. Wir haben eine Vorstellung davon entwickelt, wie wichtig diese Position für Borussia Dortmund wäre, welch positiven Einfluss sie auf den Klub haben und wie spannend sie für mich sein könnte. Der BVB hat mir diese Rolle schließlich angeboten, ich habe unsere Gespräche und Ideen ein paar Tage sacken lassen und mir in diesen Tagen vor allem die Fragen gestellt: Inwieweit passt das? Und ist es das, was du dir jetzt vorstellen kannst?
Wie die Antwort auf letztere Frage aussah, wissen wir heute. Du hast Ja gesagt und Deinen Vertrag bis zum 30. Juni 2025 verlängert.
Terzic: Je länger ich darüber nachgedacht habe, desto größer wurde die konkrete Vorstellung davon, wieviel Spaß mir die Ausgestaltung dieser neuen Aufgabe bereiten und wie produktiv ich für den BVB mit meinen Erfahrungen sein könnte.
Du warst mehrere Jahre lang Nachwuchstrainer, hast im BVB-Scouting gearbeitet, warst Assistenztrainer in der türkischen und englischen Liga, Co-Trainer beim BVB, schließlich Chefcoach. Neben all diesen praktischen Erfahrungen und einem funktionierenden Fußball-Netzwerk verfügst Du durch Dein Studium der Sportwissenschaften auch über theoretischen Grundlagen, unter anderem im Bereich Sportmanagement. Nun mixt Du diese Erfahrungen?
Terzic: Ja. All diese Themen bündeln und sie in einer neu geschaffen Position wertvoll für meinen Verein machen zu können, war am Ende der Antrieb, um die Aufgabe zu übernehmen. Ich kann es kaum erwarten zu beginnen.
Welche Aufgaben wirst Du künftig übernehmen?
Terzic: Ich werde fest in die Kaderplanung involviert sein, werde versuchen, interessante Spieler für den BVB zu begeistern, bin ein weiterer Ansprechpartner für Trainer und Spieler aus dem Nachwuchsleistungszentrum, arbeite somit wie Otto Addo auch direkt an der Schnittstelle zwischen Nachwuchs und Profis. Ich werde mich in die Betreuung unserer verliehenen Profis einbringen, sie besuchen, mit ihren Trainern sprechen und alles daran setzen, um Ihre Entwicklung noch besser einschätzen und vorantreiben zu können. Es wird darum gehen, der Geschäftsführung und der sportlichen Leitung zu diversen sportlichen Themen und Aufgabengebieten, die ich abdecke, meine Expertise zu geben. Im Grunde werde ich in Zukunft der Co-Trainer von Michael Zorc und Sebastian Kehl sein (lacht).
Klingt alles sehr gut, und doch wird es Fans geben, die befürchten: Irgendwann kommt das erste Angebot als Cheftrainer aus der Bundesliga – und dann ist der Edin weg…
Terzic: Wenn ich den Wunsch gehabt hätte, den BVB zu verlassen, hätte ich in den vergangenen Wochen viele Gelegenheiten gehabt, um Angebote von Vereinen und Verbänden anzunehmen. Ich habe mir eine Menge angehört, gute Gespräche geführt, bin letztlich aber immer wieder an diesem einen Punkt angekommen: Ich hatte nullkommanull Lust, Borussia Dortmund zu verlassen.
Wie hat Marco Rose eigentlich darauf reagiert, dass Du nicht Teil seines Trainerteams wirst?
Terzic: Wir hatten vom Moment unseres Kennenlernens an eine sehr gute Verbindung und waren uns sympathisch – auf der Trainer-Ebene, aber auch menschlich. Wie mit Hans-Joachim Watzke, Michael Zorc und Sebastian Kehl habe ich auch mit Marco Rose offene, ehrliche Gespräche geführt. Es war immer sein großer Wunsch, dass ich Teil seines Trainerteams werde. Er hat mich das jederzeit spüren lassen. Ich wiederum habe ihn an meinen Überlegungen stets teilhaben lassen. Ich glaube, dass Marco gespürt hat, dass mir dieser Schritt nicht leicht fällt. Aber er hat letztlich auch nachvollziehen können und akzeptiert, dass der Wunsch, diese neue Position auszufüllen und der Glaube, dass es genau das ist, was ich im Moment will, einfach zu groß wurde. Ich kann allerdings jetzt schon ankündigen: Marco, das gesamte Trainerteam und ich werden eng, offen und ehrlich zusammenarbeiten und unsere positive Verbindung festigen. Nur wird das eben niemand sehen, weil wir auf der Trainerbank nicht nebeneinander sitzen. Der BVB bekommt einen überragenden Trainer, seinen Wunschtrainer. Ich bin mir absolut sicher, dass wir gemeinsam weiterhin erfolgreich sein werden.
Die Saisonvorbereitung beginnt morgen, traditionell wird in den ersten Tagen viel über Ziele gesprochen. Wie lauten Deine persönlichen?
Terzic: Wer mich kennt, weiß ja, dass es mir nie in erster Linie um mich geht. Wenn ich als Technischer Direktor in enger Abstimmung mit den Trainern, der Geschäftsführung, der sportlichen Leitung, dem Scouting und dem Nachwuchsleistungszentrum ein bisschen dabei helfen kann, dass Borussia Dortmund weiterhin erfolgreich ist und Schritt für Schritt noch besser wird, dann bin ich wunschlos glücklich. Nur das ist mein Ziel.