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BVB will historischen Aufstieg mit der Meisterschaft krönen

Die Tischtennis-Spieler von Borussia Dortmund spielen in der kommenden Saison zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte in der 1. Bundesliga. Nachdem der Aufstieg feststeht, wollen die Schwarzgelben jetzt auch als Meister den Weg ins Oberhaus antreten. Mit Weltklassespieler Anders Lind, Champions-League Sieger Cedric Nuytinck aus Saarbrücken und dem Chinesen Yongyin Li, der Nummer eins des aktuellen Erstligisten Mainz 05, haben außerdem bereits drei hochkarätige Neuzugänge ihre Zusage für die kommende Saison gegeben. 

Es war am Tag der Weihnachtsfeier, unmittelbar nach dem richtungsweisenden 6:4-Sieg nach hohem Rückstand im Spitzenspiel gegen Bad Homburg, als Ulla Reitemeyer an den Tisch des Präsidiums trat. Die Abteilungsleiterin Tischtennis wollte angesichts der Aussicht, sportlich in die Bundesliga aufsteigen zu können, ausloten, ob dies diesmal auch strukturell möglich wäre. Die Antwort des Präsidenten war klar: Stellen Sie mal eine Aufstellung mit dem zusammen, was Sie brauchen würden ... 

Am nächsten Tag begannen die herausforderndsten Wochen, seitdem Reitemeyer die Abteilungsleitung von Bernd Möllmann übernommen hat. Da waren und sind einerseits die aktuellen Spieler, die erfolgreich spielen und den Aufstieg sportlich erst ermöglichen – die wolle man genau dafür ja nicht bestrafen. Andererseits ist das Niveau in der ersten Liga noch einmal ein anderes als in der zweiten. „Ich denke“, sagt Reitemeyer vorweg, „wir haben eine gute Lösung für alle Beteiligten gefunden.“ 

Zugleich galt es, einen Etat aufzustellen mit einem Volumen von nicht gekannter Größe. „Da möchte man auch keine Fehler machen.“ Mittlerweile ist die Abteilungsleiterin bei Entwurf Nummer fünf angelangt. Heißt im Ergebnis: Der Kader steht. Der Etat auch. 

Borussia Dortmund wird in der kommenden Saison in der Tischtennis-Bundesliga (TTBL) spielen, das steht mittlerweile fest. Die Borussen stehen im Saison-Endspurt zwei Spiele vor dem Ende der Spielzeit an der Spitze der zweiten Liga – die Vereine auf Platz eins und zwei steigen auf. Die Borussen müssen noch gegen TTC indeland Jülich und gegen den Zweitplatzierten und amtierenden Meister Bad Homburg ran, der allerdings auch zwei Partien weniger als der BVB gespielt hat. Schwarzgelb wird alles dafür geben, den Titel in Liga zwei zu holen. Der Aufstieg war allerdings schon vorher nicht mehr gefährdet: Kein anderer Verein hatte neben dem BVB und Bad Homburg die Ambition und die Mittel, aufzusteigen. „Nachdem Borussia Dortmund in der Vergangenheit aus wirtschaftlichen Gründen zweimal auf den Aufstieg verzichtet hat, wäre ein drittes Mal auch kaum zu vermitteln gewesen. Wir sind Borussia Dortmund und fühlen uns dem Leistungssport verpflichtet“, sagt Reitemeyer. 

Ulla, warum sind aller guten Dinge drei, warum wird Borussia Dortmund diesmal von seinem Aufstiegsrecht Gebrauch machen?

Reitemeyer: „Der Hauptgrund ist, hervorragenden Sportlern auch bei Borussia Dortmund die beste Perspektive bieten zu können. Ich habe schon immer damit gehadert, jungen Spielern, die ehrgeizig und strebsam sind und ganz nach oben wollen, sagen zu müssen, dass es bei Borussia Dortmund nur bis zur zweiten Liga geht. Dazu kommt: Die TTBL wartet auf Borussia Dortmund und seine Strahlkraft.“

Seit wann plant ihr konkret für den Bundesliga-Aufstieg? 

Reitemeyer: „Auf der Weihnachtsfeier Anfang Dezember habe ich das grundsätzliche Go des Präsidenten bekommen. Unser Sportlicher Leiter Evgeny Fadeev hat dann ab Mitte Januar in nur 09 Tagen von der Absichtserklärung des ersten Neuzugangs bis zur Zusage des dritten einen großartigen Kader für unser erstes Jahr in der ersten Liga zusammengestellt. Jetzt haben wir es nicht mehr mit Variablen und Unwägbarkeiten zu tun, sondern mit konkreten und guten Eckdaten.“ 

Evgeny, wie stellt man in 09 Tagen einen Bundesliga-Kader zusammen? 

Fadeev: „Ich habe in Summe Kontakt zu zwei Dutzend Kandidaten aufgenommen. Aufgrund unserer Situation konnten wir nicht eher loslegen, waren dadurch aber eigentlich zu spät dran. Mitte Januar hatten wir noch keinen neuen Spieler. Doch dann habe ich aus der Zeitung erfahren, dass Mainz freiwillig in die zweite Liga gehen wird – da habe ich sofort zum Telefon gegriffen und mich nach Yongyin Li erkundigt. Ihn konnten wir, auch über die Connection mit Wencheng Qi, schnell für Borussia Dortmund gewinnen. Als zweiten Spieler konnte ich Cedric Nuytinck, die frühere belgische Nummer eins und Champions-League-Sieger mit Saarbrücken, von unserem Plan überzeugen. Nach seiner Zusage waren wir zusammen mit Simon Berglund, unserer aktuellen Nummer eins, eigentlich komplett – und dann bekomme ich plötzlich eine WhatsApp von Anders Lind, der mich von sich aus fragt, ob wir nicht noch jemanden wie ihn gebrauchen könnten, er habe gehört, Borussia Dortmund wolle ein engagiertes und ambitioniertes Team aufstellen ...“

...dazu muss man wissen: Anders Lind ist praktisch ein Weltstar, die aktuelle Nummer 29 der Weltrangliste.

Fadeev: „So ist es. Anders war in der vergangenen Saison der beste Spieler der französischen Liga, hat die Champions League gewonnen, stand als einziger Europäer im Viertelfinale der Weltmeisterschaft, im Einzel wohlgemerkt. Eigentlich war das für uns nicht darstellbar, allein budgetär unmöglich. Ich habe dann trotzdem mal ein paar Videos in die Vorstandsgruppe gestellt ...“

Reitemeyer: „... und anders als bei ein, zwei Kandidaten zuvor, die mit Verweis auf die Kosten abgelehnt worden sind, haben wir hier, bei der Nummer 29 der Welt, sofort grünes Licht vom Präsidium bekommen. Für einen Aufsteiger zu dem fortgeschrittenen Zeitpunkt war das eine einmalige Gelegenheit, bei der wir zugreifen durften. Der Verein wollte uns hier nicht im Regen stehen lassen. Das ist starkes Signal, für das wir dankbar sind.“

Fadeev: „Mit diesen Neuzugängen ist unser Kader sehr attraktiv. Yongyin Li ist Chinese, spielt sein erstes Jahr in Europa, seine Bilanz ist hoch positiv. Er wird bei uns Stammspieler sein, könnte in der Regel an Position zwei zum Einsatz kommen. Die Bundesligabilanz von Cedric Nuytinck ist ehrlich gesagt nicht überragend, international aber hat er absolute Topspieler geschlagen. Der Unterschied ist dadurch zu erklären, dass er in Saarbrücken an vier gespielt hat – und der erste Ersatzmann ist oft übermotiviert, weil er unbedingt gewinnen will, um sich zu zeigen. Das erzeugt Druck. Bei uns aber wird Cedric Stammspieler sein, Ruhe haben und gute Bilanzen einspielen. Und dazu eben Anders Lind, der einen Vertrag über 15 TTBL-Spiele hat.“

Das klingt richtig gut. Wie aber geht es mit den anderen Spielern weiter, die diesen Aufstieg erst ermöglichen? Mit Dennis Klein, mit Erik Bottroff und mit unseren beiden Supertalenten Kirill Fadeev und Wim Verdonschot? 

Reitemeyer: „Keinen dieser Spieler wollten wir für seine überragenden Leistungen und den dadurch erst möglichen Aufstieg bestrafen. Erst einmal zu Dennis Klein: Dennis ist absolut unverzichtbar, denn er ist in der gesamten Mannschaft der einzige Rechtshänder, und den brauchst du fürs Doppel. Also: Ohne Dennis geht gar nichts, er ist für das Doppel gesetzt und somit immer dabei.“

Fadeev: „Grundsätzlich brauchst du in der ersten Liga fünf Spieler, drei plus zwei. Anders Lind beispielsweise wird nicht alle Spiele für uns machen können, da er inter- national unterwegs ist.“

Und Erik Bottroff? 

Reitemeyer: „Einen Erik Bottroff, der ja vor seiner BVB-Zeit auch schon TTBL-Erfahrung gesammelt hat, kannst du immer bringen, den kannst du nachts wecken, und dann ist er da. Erik behält nicht nur seinen Vertrag, bleibt also Borusse, sondern ist im Back. Er ist also sowohl in der zweiten Mannschaft eingeplant als auch in der ersten und kriegt auch die Lizenz für die Bundesliga! Zudem wird er uns in der Halle unterstützen, durch die Moderation des Rahmenprogramms, durch seine Tätigkeit bei Sponsor Schöler Micke. Gemeinsam mit Björn Helbing besorgt er etwa den neuen Hallenboden und den Show-Court, einen besonderen Tisch für die erste Liga. Erik hat viele Talente, viel Know-how und wird nicht zuletzt über seinen Podcast Plattenplausch für Unterhaltung sorgen.“

Bleiben die beiden Youngster, Kirill und Wim. 

Reitemeyer: „Beiden hätten wir in der Bundesliga keine regelmäßigen Einsätze garantieren können. Das wäre viel zu wenig im Hinblick auf das, was diese jungen Spieler brauchen, um sich bestmöglich zu entwickeln. Dafür müssen sie jede Woche an den Tisch, und nicht einmal im Monat.“

Fadeev: „Sie wären maximal auf fünf Spiele in der gesamten Saison gekommen. Hinzu kommt: Als Nummer drei würden sie in jedem Spiel gegen die Eins des Gegners antreten, und das sind bei allen Bundesligisten absolute Weltklassespieler; das ist entweder ein Asiate oder Timo Boll. Daran hätten beide keinen Spaß gehabt. Das war also keine Option. Trotzdem haben wir beiden ein Angebot gemacht, das sie aber abgelehnt haben – was ich richtig finde. Denn sie können ja immer wieder zurückkommen.“

„Die TTBL wartet auf Borussia Dortmund und seine Strahlkraft.“

Reitemeyer: „Kirill wird nach Mainz gehen. Genau dieser Wechsel zum Bundesliga-Absteiger war auch mein Rat an ihn. Denn dort wird er oben spielen und sich die Tauglichkeit für den nächsten Karriereschritt holen; genauso wie er das schon einmal gemacht hat, als er für ein Jahr in die dritte Liga gegangen ist, um danach die Zweitliga-Reife für Borussia Dortmund zu haben. Sollte dieser Schritt noch einmal gelingen, diesmal nur noch eine Etage höher, dann wäre das am Ende ein Win-win für beide, für Kirill Fadeev und für Borussia Dortmund. Denn eines ist klar: Kirill ist unser Junge. Den geben wir nicht ab und nicht her, den wollen wir über die Zwischenstation Mainz bestmöglich ausbilden.“

Evgeny, speziell mit Blick auf Kirill, für den Du ja nicht nur der Sportliche Leiter bist, sondern auch sein Vater: Wie groß ist der Spagat, den ihr an dieser Stelle machen müsst?

Fadeev: „Ich unterstütze diese Entscheidung und bin gespannt auf seine weitere Entwicklung. Ein Nebeneffekt ist, dass er mal wieder ohne mich an seiner Seite spielt. Es wird interessant sein zu sehen, wie er damit umgeht und zurechtkommt. Beide Jungs haben unsere Idee sofort verstanden. Da gab es keine Irritationen, keinen Ärger, nur Fair Play.“ 

Neben einem erstliga-reifen Kader braucht es auch eine erstliga-taugliche Infrastruktur. Wie weit seid ihr in puncto Hallenboden, Licht, Internet? 

Reitemeyer: „Boden und Licht sind kein Problem, das habe ich bereits mit dem Sportamt und Schöler Micke besprochen. Der neue Hallenboden wird rechtzeitig verlegt. Unser Hallenlicht ist schon gut, sollte es den Anforderungen noch nicht genügen, müssen wir noch ein paar Birnen mehr reindrehen. Da mache ich mir keine Sorgen. Was aber eine echte Neuerung ist, ist das Thema stabiles Internet für den Livestream. Das ist eine Vorgabe für einen Startplatz in der Bundesliga, da alle Spiele im Livestream gezeigt werden und dort wiederum von der TTBL vermarktet werden. Das sollten wir also gemeinsam mit der Stadt an den Start kriegen, denn wie gesagt: Die TTBL und die Streaming-Plattformen warten auf den BVB. Wir reden hier also über unsere Performance, und die hat einen Wert für den Verein, für die TTBL und für den gesamten Tischtennis-Sport.“

Interview: Nils Hotze

Fotos: Hendrik Deckers

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