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Auf der Achterbahn der Gefühle: BVB zahlt in Marseille Lehrgeld

Der neunzigminütige Rückflug von Marseille nach Dortmund verlief ruhig. Ganz anders als das Spiel gestern Abend. In der Luft gab es auch keine Turbulenzen. Ganz anders als auf der gefühlten Achterbahnfahrt der Borussen in den letzten Wochen. Erst die ärgerliche Niederlage gegen Berlin, dann der gefühlte Sieg mit dem späten 1:1 gegen Arsenal, der Nackenschlag in Form der beiden späten Gegentore in Hannover, anschließend der Last-Minute-Sieg in Mainz. Und jetzt Marseille.

Aus Marseille berichtet Boris Rupert
Er habe "nur schwer einschlafen können", verriet Air-Berlin-Kapitän Martin Suehl auf dem Weg vom Mittelmeer an die Ruhr. Wie 5,3 Millionen Andere hatte er das Champions-League-Spiel der Borussen am Fernseher verfolgt, mitgefiebert und auch ein bisschen mitgelitten. Trotz des klaren 0:3, trotz eines mageren Pünktchens nach zwei Spielen, sagte Flugkapitän Suehl an die Adresse der Mannschaft: "Ich bin sicher, Sie werden die Gruppenphase überstehen!"
Der andere Kapitän, der der Mannschaft, sah es ähnlich. "Wir hatten die Möglichkeit, hier mit einem Sieg raus zu gehen. Das fühlt sich schon krass an", erklärte Sebastian Kehl.
10:5 Torchancen, 16:8 Torschüsse und 53 Prozent Ballbesitz zählten die Statistiker. Und trotz hat Borussia Dortmund dieses zweite Gruppenspiel verloren. Weil sich die Mannschaft in Form von individuellen Fehlern selbst geschlagen hat. "Das erste Tor war absolut meine Schuld", räumte Neven Subotic ein und war genauso ehrlich wie Mats Hummels, der sich als Vorlagengeber des zweiten Marseiller Treffers sah. Bei Gegentreffer Nummer drei patzten Lukasz Piszczek und Schiedsrichter Eriksson aus Schweden. "Er hat mir danach gesagt, dass man den Elfmeter nicht unbedingt geben muss", wunderte sich Verursacher Kehl: "Er meinte, 2:0 oder 3:0 sei doch egal..."

Besonders bitter: Unmittelbar vor den ersten beiden Gegentoren hatten die Borussen gleich zwei Mal innerhalb weniger Sekunden die Doppelchance, selbst in Führung zu gehen bzw. den Ausgleich zum 1:1 zu erzielen. Doch Mario Götze scheiterte entweder am Torwart oder am Pfosten. Jürgen Klopp: "Mario weiß, dass er das ein oder andere Tor hätte schießen können."
Stattdessen traf Olympique die Borussia ins Herz. "Wir haben das Spiel dominiert", sagte Kehl, "gerade in der zweiten Halbzeit. Da hätten wir zu Beginn ein Tor schießen und das zweite nachlegen müssen. Dann läuft das Spiel anders, weil wir uns hätten fallen lassen können. So spielen wir jedem Gegner ein Stück weit in die Karten."
"Morgen früh interessiert es keinen, wie das Ergebnis zustande gekommen ist", erklärte Jürgen Klopp unmittelbar nach dem Spiel. Auch er trauerte der bärenstarken Viertelstunde zu Beginn des zweiten Durchgangs nach: "Da waren wir richtig am Drücker. Wir können einiges erklären, aber Entschuldigungen gibt es nicht."
Die Tabelle weist einen Punkt, ein geschossenes Tor und vier Gegentreffer aus. Geradezu lächerlich angesichts des Aufwands, den die Mannschaft in beiden Spielen betrieben hat. "Wir haben unsere Möglichkeiten wie schon gegen Arsenal nicht genutzt", ärgerte sich Kehl: "Das ist ein Manko, das uns in der Champions League nachhängt. Darüber hinaus werden Fehler eiskalt bestraft."

Borussia Dortmund hat gestern ein Spiel verloren, aber nicht die Zuversicht. "Wir haben in beiden Partien gezeigt, dass wir mithalten können", betont Kehl und fügt hinzu: "Es sind immer noch zwölf Punkte zu vergeben. Wir sind noch nicht ausgeschieden!" Die Geschichte gibt ihm Recht: 1995/96 war der BVB bei seiner ersten Teilnahme an der UEFA Champions League ebenfalls mit einem Remis und einer Niederlage gestartet, schaffte aber dennoch den Sprung über die Gruppenphase hinaus.
Beim Landeanflug tauchte in den Fenster groß und majestätisch der Signal Iduna Park auf. Sebastian Kehl ward schon in Gedanken an das Heimspiel am Samstag: "Wir werden das Spiel gegen Augsburg mit breiter Brust angehen und versuchen, weiterhin in der Spur zu bleiben. Ich mache mir um diese Mannschaft keine Sorgen."

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